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Das James Webb Space Teleskop ist endlich an seinem „L2“ Punkt angekommen!
Vier Wochen nach dem Start mit der Ariane 5 Rakete ist das JWT vollständig entfaltet und ohne Probleme an seinem endgültigen Beobachtungspunkt „L2“ angekommen. Doch was hat es eigentlich mit diesem „L2“Punkt auf sich? Heute wird es physikalisch!
Das „L“ steht für Lagrange, genauer: Joseph-Louis Lagrange, ein großer Mathematiker der im 18. Jahrhundert gelebt hat. Der hatte sich überlegt ob es in einem System mit Sonne und Erde (oder einem anderen Planeten)Punkte gibt, an denen sich alle Kräfte gegenseitig aufheben. Das ist gar nicht so selbstverständlich. Seit Isaac Newton wissen wir, dass es so etwas wie „Gravitation“ gibt. Wenn man also zufällig irgendwo in unserem Sonnensystem z.B. einen Steinbrocken platzieren würde, dann wird dieser Brocken früher oder später von irgendeinem Planeten oder von der Sonne aufgrund der Gravitation angezogen und bewegt sich dorthin. Man denkt immer draußen im Weltall herrscht doch „Schwerelosigkeit“ und man schwebt in der Gegend herum. Das ist aber nicht so. Die Gravitation, die von einem Planeten oder gar von der riesigen Sonne ausgeht wirkt unendlich weit. Je weiter weg der Brocken ist und je kleiner desto schwächer ist zwar die Gravitation, aber sie ist da und der Brocken „spürt“ sie.
Lagrange konnte jetzt berechnen, dass es zwischen Sonne und Erde (oder eben einem anderen Planeten) 5 Punkte gibt, an denen sich ein solcher Steinbrocken mit der Erde mit bewegen würde und weder auf die Erde noch auf die Sonne zurast. Diese stabilen Punkte nennt man entsprechend „Lagrange Punkte“. An diesen Punkten heben sich alle Gravitations- und sonstige Kräfte auf. Drei dieser Punkte befinden sich auf der Achse Sonne – Erde, d.h. einerzwischen Erde und Sonne (L1), einer hinter der Sonne (L3) und einer hinter der Erde (L2). Zwei weitere Punkte befinden sich entlang der Bahn der Erde um die Sonne, einer davor und einer dahinter (L4 und L5).
Warum fliegt jetzt also das JWT zu diesem L2 Punkt, also der Punkt hinter der Erde und Sonne? An diesem fixen Punkt bewegt sich das Teleskop(wie ein Steinbrocken) immer mit der Erde um die Sonne mit und befindet sich damit in der Nähe der Erde, auch wenn der Punkt 1,5 Mio. Km entfernt ist. Durch die Nähe zur Erde ist immer eine gute Kommunikation mit dem Teleskop möglich. Außerdem ist es weit von der Sonne entfernt und wird so gut von der Wärmestrahlung der Sonne abgeschirmt.
Dieser L2 Punkt ist sehr beliebt. Dort sind schon einige andere Teleskope und Sonden geparkt worden, z.B. die Teleskope „Herschel“ und „Planck“, oder die Sonde „Gaia“, die über 1,6 Milliarden Sterne in der Milchstraße vermessen wird.
Allerdings sind die L1, L2 und L3 Punkte nicht besonders stabil. Bei jeder kleinesten Auslenkung werden die Sonden und Teleskope aus diesem Punkt weggeschubst und fliegen aus dem Punkt raus, irgendwo hin. Diese Auslenkungen können z.B. vom Mond oder auch Mars ausgehen, die ja auch eine Gravitation ausüben. Deshalb muss das JWT immer wieder kleine Korrekturmanöver fliegen. Dafür braucht es eigenen Treibstoff. Der Aufwand für den Treibstoff ist an diesem L2 Punkt zwar sehr gering aber eben auch nur begrenzt verfügbar. Das limitiert leider die Lebensdauer des Teleskops. Aber nach derzeitiger Schätzung solle das JWT 10 Jahre halten. Genug Zeit für viele tolle Bilder und bahnbrechende Erkenntnisse.
James Webb Space Telescope erfolgreich gestartet
Am 25.12.2021 war es endlich soweit: Das James Webb Telescope (JWT) ist erfolgreich mit einer Ariane 5 Rakete vom europäischen Weltraum-Bahnhof Kourou ins All gestartet. Das JWT ist ein Gemeinschaftsprojekt der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, der NASA und der Kanadischen Raumfahrtagentur CSA und sollte bereits 2007 fertiggestellt sein. Doch die technischen Herausforderungen waren enorm. Es ist das aufwändigste und leistungsfähigste Teleskop das je gebaut wurde. Es wiegt 6,5 Tonnen, also etwa so viel wie ein Schulbus, und ist neben dem Space Shuttle und dem großen Teilchenbeschleuniger am CERN das komplexeste technische Gerät das je gebaut wurde. Die Entwicklungs- und Baukosten betrugen 8,8 Milliarden Euro.
Was wird das JWT beobachten / Teil 1
Im Gegensatz zum Hubble Space Telescope wird es nicht im sichtbaren Licht Aufnahmen machen, sondern im Infrarotbereich. Infrarotes Licht können wir nicht sehen, aber spüren, wenn wir z.B. in der Sonne liegen. Es wird deshalb auch Wärmestrahlung genannt. Das Hubble Telescope konnte eine Aufnahme der am weitesten entfernten Galaxie machen. Das Licht war von dort etwa 13,4 Milliarden Lichtjahre zu uns unterwegs. Es handelt sich um eine der ersten Galaxien nach dem Urknall. Aber was war davor? Die ersten Sterne die damals nach dem Urknall entstanden sind, können wir nicht „sehen“. Dafür sind sie zu klein. Aber mit dem JWT können wir die Wärmestrahlung, die sie nach ihrer Entstehung ausgesendet haben, heute messen. Das zumindest erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem davon. Dafür braucht es ein Infrarot-Teleskop. Und zwar ein großes, ein sehr großes. Denn die Wärmestrahlung, die über 13 Milliarden Lichtjahre zu uns unterwegs ist kommt nur noch sehr schwach bei uns an. Der Spiegel des JWT hat deshalb einen Durchmesser von 6,5 Metern. Das hat es im Weltraum noch nicht gegeben. Damit will man besser verstehen, was ca. 100.000 bis 300.000 Jahre nach dem Urknall passiert ist. Was JWT genau sehen wird und wie weit der Blick zurück reicht, weiß man noch nicht genau. Die Erwartungen bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist entsprechend groß.
Wann kommen die ersten Bilder?
Richtige Bilder, so wie wir sehen, wird es nicht geben, weil das JWT im Infrarotbereich misst. Aber man wird vermutlich die Bilder einfärben, so wie bei einer Wärmebildkamera auf der Erde. Aber das wird noch dauern. Das JWT ist nachdem Start jetzt erst mal ca. 4 Wochen unterwegs an seinem Beobachtungspunkt, der immerhin 1,5 Mio. km von der Erde entfernt ist. In dieser Zeit muss sich das Teleskop komplett entfalten. Eine kritische Phase, denn es muss alles funktionieren. Über 170 sog. Release-Punkte werden in Gang gesetzt, damit sich alles entfalten kann. Darunter der Hitzeschild, der die Größe eines Tennisplatzes hat. Er schirmt die empfindlichen Geräte von der Wärmestrahlung der Erde und der Sonne ab. Andernfalls würde diese Strahlung die Messungen stören. Auf der einen Seite des JWT wird es ca. plus 83 Grad haben, auf der anderen Seite mit dem Spiegel ca. minus 233 Grad. Auch die einzelnen Spiegelsegmente werden entfaltet. Dabei muss alles funktionieren. Repariert werden kann das JWT (im Gegensatz zu dem Hubble Teleskop damals) nicht. Dafür ist es zu weit entfernt. Also, Daumen drücken.